Das Corona-Semester

Im Juni 2020 hat sich der Philosophische Fakultätentag an die Delegierten seiner über 100 Mitgliedsfakultäten gewandt, um herauszufinden, in welcher Lage sich die Geisteswissenschaften an den einzelnen Hochschulstandorten gegen Ende des ersten Corona-Semesters befinden, wie sich die Hochschulleitungen verhalten haben, wie für das kommende Semester geplant wird und wie die verschiedenen Akteure die Krise bis jetzt bewältigt haben. Die folgende Analyse fußt auf den Antworten von 51 Delegierten. Ihnen allen sei für ihre Teilnahme an der Umfrage gedankt.

 

Der Autor

Der Vorsitzende des PhFT, Prof. Michael Sommer, veranlasste diese Umfrage und stellte die Analyse zusammen.

michael.sommer@uni-oldenburg.de

Engagement in der Online-Lehre

Nach ihrem persönlichen Engagement in der Online-Lehre im laufenden Sommersemester 2020 befragt, gaben 68,6% der Delegierten an, sehr stark engagiert zu sein; 23,5% waren stark, 5,9% etwas und nur 2% gar nicht engagiert.

 

 

Herausforderungen durch Corona

Auf die Frage, wie verschiedene Akteure in den Hochschulen die Corona-Krise bis jetzt bewältigt hätten, wurde den Hochschulleitungen insgesamt das beste Zeugnis ausgestellt: 66% der Befragten meinten, ihre Hochschulleitung habe die Krise gut bewältigt, 27,6% sahen die Krise von ihr teilweise bewältigt und nur 6,4% schlecht; deutlich geringer ist das Vertrauen den Verwaltungen gegenüber: Hier sehen 51,1% die Verwaltung gut aufgestellt, 40,4% teils teils und 8,5% schlecht. Den Fakultäten wurde zu 60% und den Lehrenden zu 63% attestiert, sie hätten die Krise gut bewältigt, und immerhin noch 54,3% bescheinigen dies auch den Studierenden.

 

Informationsfluss zu Beginn des Semesters

Mit dem Informationsfluss in ihren Hochschulen waren die meisten Delegierten zufrieden. 78,7% gaben an, sie seien durch die Hochschulleitungen umfassend und regelmäßig mit Informationen versorgt worden, auf 19,1% traf dies immerhin noch sporadisch zu, während 2,1% bemängelten, sie hätten nur selten Informationen erhalten.

 

Informationsfluss zum jetzigen Zeitpunkt

Einen etwas kritischeren Blick warfen die Delegierten auf die Information durch die Hochschulleitungen zum jetzigen Zeitpunkt, gegen Ende des Semesters. Immer noch 71,7% äußerten sich jedoch auch jetzt noch zufrieden, 23,9% meinten, Fakultäten und Hochschullehrer würden sporadisch mit Informationen versorgt und 4,3% gaben an, selten Informationen zu erhalten.

 

Kommunikation durch die Hochschulleitungen

Von besonderem Interesse ist die Frage, ob Hochschulleitungen die Umstellung auf Online-Lehre im Corona-Semester innerhalb der Hochschulen vor allem als Hypothek oder als Chance kommuniziert haben. Hier ergibt sich ein gemischtes Bild: 23,4% der Delegierten gaben an, die Umstellung sei vor allem als notwendiges Übel dargestellt worden, 27,7% hingegen, sie sei als Chance verkauft worden. Ein differenzierendes Bild hätte mit 48,9% rund die Hälfte der Hochschulleitungen gezeichnet.

 

 

Unterstützung bei der Online-Lehre durch die Hochschulleitung

Die Umstellung auf digitale Lehre hat allen Beteiligten viel abverlangt. Entscheidend für den Erfolg war deshalb die Unterstützung mit flankierenden Maßnahmen. Recht zufrieden zeigten sich die meisten Delegierten mit dem technischen Support an ihrer Universität: 61,7% bezeichneten ihn als gut. 50% waren auch mit den E-Learning-Tools zufrieden. Weniger überzeugt zeigten sie sich von der Unterstützung durch den verbesserten Zugang zu Online-Ressourcen: Hier gaben 39,1% ein positives, 50% ein gemischtes und 10,9% ein negatives Urteil ab.

 

 

Qualität der Lehre

Bei allem Optimismus sehen die Delegierten mehr Schatten als Licht, wenn man sie nach den Auswirkungen des Verzichts auf Präsenzlehre fragt. 24,4% geben an, die Qualität der Lehre habe sich dadurch deutlich verschlechtert, 40% sehen sie verschlechtert, 24,4% ungefähr gleich geblieben, aber immerhin 6,7% verbessert und 4,4% sogar deutlich verbessert.

 

 

Versorgung mit Literatur über die Bibliotheken

Gut die Hälfte der Befragten war der Meinung, die Versorgung mit Literatur funktioniere gut (39%) oder sogar sehr gut (12,2%). 26,8% waren demgegenüber unzufrieden, 7,3% sehr unzufrieden. 14,6% waren der Meinung, die Versorgung funktioniere teils teils.

 

 

Betrieb im Wintersemester 2020/21

An den meisten Hochschulstandorten gibt es bereits Planungen für den Betrieb im Wintersemester. Wie konkret diese Planungen aussehen, ist jedoch von Universität zu Universität unterschiedlich. Ein gutes Drittel (34,7%) der Hochschulen verfügt bereits über eine detaillierte Planung ihres Betriebes im nächsten Semester. Die relative Mehrheit (44,9%) hat bereits erste Überlegungen angestellt. 20,4% der Hochschulen haben noch keinerlei Pläne für das Wintersemester.

 

 

Planung für das Wintersemester

Mit 69,6% plant eine Mehrheit der Hochschulen nicht den Rückkehr zum vollen Präsenz-, sondern einen Hybridbetrieb mit Präsenzelementen. Jeweils 2,2% planen die Rückkehr zum Normal- bzw. einen vollständigen Digitalbetrieb, 8,7% überwiegend Präsenzlehre mit digitalen Komponenten.

 

 

Beteiligung von Hochschullehrern und Fakultäten

Gut die Hälfte der Befragten gibt an, Hochschullehrer und Fakultäten seien an den Planungen stark (13%) oder etwas (39,1%) beteiligt gewesen; fast ebenso viele meinen, es habe kaum (28,3%) oder keinerlei (19,6%) Beteiligung von Hochschullehrern und Fakultäten gegeben.

 

 

Präsenzbetrieb, Online-Lehre oder Hybrid-Semester

Die überwiegende Mehrheit der Delegierten (59,2%) hält für das Wintersemester einen Hybridbetrieb für zweckmäßig, 20,4% befürworten die Rückkehr zur reinen Präsenzlehre und 16,3% sprechen sich für ein reines Online-Modell aus.

 

 

Ressourcenkonflikte

Im Zusammenhang mit den besonderen Bedingungen des Corona-Semesters ist immer wieder von Ressourcenkonflikten innerhalb der Universitäten die Rede, etwa dann, wenn es um die Belegung von Räumen bei unter Einhaltung der Abstandsregeln begrenzten Kontingenten geht. 51% der Delegierten befürchten solche Konflikte, 28,6% sehen die Gefahr nicht, 20,4% trauen sich zu dieser Frage keine Meinung zu.

 

 

Benachteiligung der Geisteswissenschaften

Nach allfälligen Nachteilen für die Geisteswissenschaften befragt, geben relativ die meisten Befragten (46,9%) an, sie würden keine Nachteile befürchten; je 26,5% befürchten Nachteile oder wollen sich nicht festlegen.

 

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